In diesem Beitrag stelle ich dir drei wirkungsvolle Methoden vor, mit denen Du Ängste ablegen kannst. Diese simplen Körperübungen helfen Dir in Situationen, in denen Du Angst spürst - sie sorgen dafür, dass sich die unangenehmen körperlichen Empfindungen auflösen, die Angst hervorruft.
Ich nutze diese Übungen bereits, wenn ich merke, dass sich Angst anschleicht. So wird die Angst gar nicht mehr so stark, dass sie mich lähmen könnte.
Außerdem sind diese Übungen ein gutes Trainingsprogramm. Sodass Du vorbereitet bist und weißt, wie Du der Angst begegnest - sobald sie sich Angst meldet.
Was Angst in unserem Körper macht
Angst hat ja eine ganze Reihe von körperlichen Symptomen: Herzklopfen, Muskelanspannung (Kiefer, Nacken, Bauch), Muskelzittern, Schwitzen.
Sehr häufig atmen wir entweder ganz schnell und flach. Oder aber wir atmen tief ein und halten die Luft an. Kein Wunder, dass nach einiger Zeit der Kopf leer wird und wir keinen klaren Gedanken mehr fassen können.
Der Körper spannt sich außerdem immer mehr an, denn wir sind innerlich höchst erregt. Diese Erregung ist Teil eines uralten automatisch ablaufenden Notfallprogramms: Der Körper bereitet sich in Gefahrensituationen auf eine der Reaktionen Kampf, Flucht oder Totstellen vor.
Wie der Körper helfen kann
Die wirkungsvollste Art, die Angst zu regulieren, ist, dazu den Körper zu nutzen. Denn das bringt uns ins Hier und Jetzt.
Die Angst ist ja in der Regel auf etwas in der Zukunft gerichtet, wir haben Angst vor dem, was ― gleich (also nicht jetzt) oder noch später ― passieren könnte. Da hilft es, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und sich (zurück) in den eigenen Körper zu bringen.
Mut-Atmung
Diese Übung sorgt für genügend Sauerstoffzufuhr in den Körper und ins Gehirn. Das beruhigt die Gedanken und baut Spannung ab.
- Zuallererst: Atme bewusst und kraftvoll aus. Wir halten normalerweise die Luft an, sobald Angst aufkommt. Wenn wir dann versuchen, Luft zu holen, passt keine frische Luft in die Lungen, weil die ja noch voll verbrauchter Luft ist - kein Wunder, dass wir dann Atemnot bekommen und sich Panik ausbreitet („Ich kriege keine Luft!“).
Deshalb: Zuerst AUSATMEN. - Dann atme ruhig ein.
- Konzentriere Dich auf die nächsten Atemzüge. Und nur darauf. So viel Zeit hast Du, Du stehst nicht vor einem Säbelzahntiger, der Dir den Kopf abbeißt. In der Regel hast Du auch in gefährlichen Situationen so viel Zeit, dass Du zwei-, dreimal aus- und einatmen kannst, bevor Du reagierst.
Die Konzentration auf die Atmung bringt Dich wieder ins Hier und Jetzt, was für sich genommen schon ein gutes Mittel gegen Angst ist. - Mach die Lippen spitz und saug die Luft ein - wie durch einen Strohhalm. Saug sie tief und gern auch genussvoll ein. Damit weitet sich Dein Brustkorb; Dein Körper und Dein Gehirn bekommen viel Sauerstoff.
- Kräftig ausschnauben: Lass beim Ausatmen die Lippen locker und schnaube und pruste. Lass die Atemluft rausblubbern. Damit gibst du Spannung ab.
Und falls beim Blubbern ein Lachen aufsteigt: Gib dem nach. Wir können nicht gleichzeitig lachen und Angst spüren.
Das bewusste Aus- und Einatmen und das Lufteinsaugen und Ausschnauben helfen nicht nur bei Angst. Sie sind generell ausgezeichnete Mittel, um zwischendurch mal eine Pause einzulegen, um sich zu sammeln oder auch zu beruhigen (etwa, wenn man sich vorher aufgeregt oder geärgert hat).
Mut-Klopfen
Ein Gegengewicht zur Angst ist der Mut. Auch Menschen, die sich eher als ängstlich bezeichnen, haben in irgendeinem Bereich ihres Lebens so etwas wie Mut. Bisher hat noch jede Person, die ich danach gefragt habe, in ihrer Vergangenheit etwas gefunden, wo sie mutig war.
Wie steht es in Deinem Leben mit dem Mut?
- Wo und wann hast Du schon mal etwas gemacht, was Du damals als mutig empfunden hast oder was Du aus heutiger Sicht für mutig hältst?
- Was war es? Was hast Du da getan?
- Wie hat es sich angefühlt?
Die eigentliche Ãœbung geht so:
- Leg die Hand auf die Herzgegend und überlege: Wo warst Du mutig? Wo bist Du mutig einen Schritt weitergegangen, obwohl Dein Herz heftig gepocht hat?
- Gib Dir dafür nachträglich Anerkennung: Klopf dazu mit der flachen Hand ganz sacht auf den Brustkorb über der Herzgegend.
Auch das ist etwas, was Du gut in einer ruhigen Minute üben kannst.
Und Du kannst es wunderbar vor schwierigen Situationen tun: Vor einem schwierigen Gespräch; bevor Du eine Präsentation hältst; vor einer wichtigen Entscheidung ...
Mut-Pose
Wenn wir Angst haben, machen wir uns oft klein - möglicherweise, um so weniger Angiffsfläche zu bieten.
Interessanterweise kannst Du dem mit einer sogenannten Power-Pose entgegen wirken: Wenn Du Dich aufrichtest und Dich groß machst, dann fühlst Du Dich sofort besser und stärker.
Probiere es aus:
- Stell Dich mit aufrechter Wirbelsäule, nach vorne gerichtetem Blick und breitem Brustkorb hin. In dieser Stellung kannst Du Dich gar nicht klein fühlen - das geht einfach nicht.
- Und wenn Du jetzt noch die Arme ausbreitest, sie ausgebreitet lässt, ruhig atmest und geradeaus blickst, dann ist da kein Platz für Angst.
- Richte Deine Aufmerksamkeit auf Deine Füße. Spüre, wie Du fest und sicher auf dem Boden stehst.
- Mein Tipp: Noch wirkungsvoller ist diese Mut-Pose, wenn Du Dir zusätzlich einen bestärken oder beruhigenden Satz sagst. Beispielsweise: „Ich schaffe das.“
Die amerikanische Sozialpsychologin Amy Cuddy hat in Untersuchungen herausgefunden, dass Power-Posen wie die ausgebreiteten Arme und der damit geöffnete Oberkörper erstaunliche Wirkung haben: Die Körperhaltung beeinflusst die Selbstwahrnehmung und die Körperchemie. Wenn du eine solche Pose für zwei Minuten hältst, erhöht sich die Testosteronausschüttung um bis zu 20 Prozent und der Kortisolspiegel sinkt um 25 Prozent. Das erhöht das Selbstwertgefühl (Testosteron) und reduziert den inneren Stress (Kortisol).
Amy Cuddy hat dazu einen Vortrag auf der TEDGlobal-Konferenz 2012 gehalten. Ob die von Amy Cuddy genannten Zahlen wirklich stimmen, ist umstritten (eine Diskussion dazu gibt es unter dem Video unter „Learn more“).
Aber dass Körperhaltungen wie diese Power-Posen wirken, kannst du leicht selbst feststellen.
Ich empfehle meinen Klient*innen, diese Übung regelmäßig zu machen. Und natürlich ganz gezielt vor einer wichtigen oder bedrohlichen Situation.
Ich wünsche Dir viel Vergnügen beim Luftblubbern, beim Mut-Klopfen und beim Power-Posing.
Bildnachweis:
Das Titelfoto und das zweite Foto im Text stammt von Austin Pacheco, das erste Foto im Text von Darius Bashar (beide via Unsplash).