Für unser Selbstwertgefühl ist es entscheidend, dass wir mit uns selbst liebevoll umgehen. Das klingt vielleicht schwierig, muss es aber nicht sein.
Mit einem guten Freund oder einer guten Freundin fällt es uns schließlich in aller Regel nicht so schwer, freundlich oder liebevoll umzugehen. Dann muss es auch nicht so schwer sein, uns selbst ein guter Freund oder eine gute Freundin* zu sein.
* Im Folgenden verwende ich die weibliche und die männliche Form abwechselnd, sonst liest es sich gar so sperrig.
Wie bist du für andere ein guter Freund?
Bei anderen wissen wir meist sehr gut, was ihnen in einer Situation gut täte, in der sie sich nicht so wohl fühlen.
- Wenn ein Freund einen schlechten Tag hatte: Was würdest du ihm sagen oder was würdest du tun, um ihn aufzumuntern?
- Wenn eine Freundin Fehler gemacht hat: Wie würdest du reagieren? Würdest du versuchen, dem „Fehler“ den Stellenwert zu geben, der ihm gebührt? Würdest du den Fokus auf die Stärken deiner Freundin lenken oder auf das, was gut gelaufen ist?
- Wenn ein Freund sich abgelehnt fühlt: Was würdest du tun, damit er sich geschätzt oder geliebt fühlt?
Wie wirst du für dich zur guten Freundin?
Und genau das Gleiche können wir auch für uns tun:
- Wir können - und sollten - positiv mit uns sprechen. Wir können uns selbst aufmuntern und auch im Negativen positive Seiten entdecken. Ich meine damit nicht ein „Think positive auf Teufel-komm-raus“ oder ein rosa Schleifchen um einen Haufen Sch..., sondern einen klaren Blick, mit dem wir - neben dem Negativen - auch positive Aspekte sehen und würdigen.
- Wir können uns unsere Stärken und unseren Anteil am Gelingen vor Augen führen und uns dafür Wertschätzung geben. Wir können einen Schritt zurücktreten und den Stellenwert des Fehlers mit etwas Abstand realistischer einschätzen.
- Wir können uns selbst die Zuneigung geben, die wir von anderen vermissen.
- Wir können uns selbst immer wieder anlächeln - jedes Mal, wenn wir an einem Spiegel vorbeikommen, und jedes Mal, wenn wir in eine Webcam oder ins Smartphone schauen.
- Wir können uns selbst Komplimente machen und uns gegenüber anerkennend über etwas äußern, was wir getan haben.
- Dazu gehört auch, Komplimente oder Lob von anderen anzunehmen, ohne laut oder innerlich zu widersprechen.
Ja, das ist nicht jedem in die Wiege gelegt, aber jeder und jede kann das lernen. Es braucht ein wenig Ãœbung - und vor allem braucht es den Willen dazu.
Und die Ãœberzeugung: Ich bin es mir wert.
Ein fester Platz in deinem Alltag
Uns für Freunde und Freundinnen Zeit zu nehmen - das ist für die meisten von uns ganz normal. Aber wie sieht es mit dem inneren Freund, der inneren Freundin aus? Auch dafür sollten wir uns immer wieder Zeit nehmen.
- Fester Termin: Auch wenn es dir anfangs vielleicht komisch vorkommt, aber es kann sehr heilsam sein, wenn du dir regelmäßig Zeit für deine innere Freundin nimmst. Am besten vereinbarst du regelmäßige „Treffen“ mit ihr, etwa am Abend vor dem Schlafengehen oder morgens.
- Negatives berichten: Einem guten Freund würdest du erzählen, was heute nicht so gut gelaufen ist, worüber du dich geärgert hast. Erzähle es deshalb bei eurer „Verabredung“ deiner inneren Freundin, und erzähle ihr auch, wenn du tagsüber abwertende Gedanken über dich selbst hattest.
- Dialog: Stelle dir vor, wie dein innerer Freund auf das Erzählte reagiert. Was sagt er dazu? Freunde haben ja in der Regel eine wohlwollende Sicht auf unsere (vermeintlichen) Schwächen oder Fehler. Und sie trösten uns. Lass das deinen inneren Freund auch tun - wenn du magst, kann er das gern auch laut tun.
- Positives berichten: Worüber freust du dich? Was hat heute gut geklappt? Was hast du dazu beigetragen? Worauf bist du stolz? Berichte auch das deiner inneren Freundin und freu dich mit ihr.
Und wenn dir das nicht so leicht fällt?
Wenn du jetzt denkst: Leichter gesagt als getan?
Dann empfehle ich dir meinen Gruppenkurs
"Gut genug statt Selbstzweifel".
Bildquelle
Das Titelfoto stammt von Priscilla Du Preez; das Foto der beiden Frauen stammt von Joseph Pearson (beide Fotos via Unsplash).